Fotos PR
Artikel Trisha Balster, Laura Binder
Design Portraits Carolin Henkelmann, Joeleen Nagy, Sarah Neven, Carlotta Schaffner
Derzeit bringen auffällig viele Designer und Marken Europa in Mode. Das Azurblau der EU-Flagge und vor allem ihre Sterne werden zum politischen Statement in einer Zeit Europäischer Ungleichheiten, bedrucktes und besticktes Merchandise für einen neuen Europa-Optimismus. Die T-Shirts, Kapuzenpullis, Schals und Mützen sind Ausdrucksmedium für ein Gemeinschaftsgefühl einer Generation EU-Fans, die mit den demokratischen, liberalen Werten eines vereinten Europas aufwuchsen und sich in Zeiten der Flüchtendenkrise, Währungskrise, des Brexit, Rechtsrucks und der Demagogen (es gibt so viele Trumps!) zum ersten Mal zwangsläufig mit ihrer europäischen Identiät auseinandersetzen müssen. „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück weit vorbei und deshalb kann ich nur sagen, wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen.“ sagt Angela Merkel nach dem G7-Treffen auf Sizilien. Aber Vorsicht: Ein Fanartikel allein macht noch lange keinen Fan.
Das polnische Label UEG hat sich (N)Europa auf Kapuzenpullis geschrieben. Der Name der Streetwear-Marke leitet sich vom italienischen „usa e getta“ ab, was soviel wie Einweg- oder Wegwerf-Artikel bedeutet. Designer Michał Łojewski gründete UEG 2004 als ein künstlerisches Projekt. Mittlerweile ist es zu einem Label geworden und zeigt, dass der Name nicht Programm ist. Mit der Kollektion Finis Europae hinterfragt Lojewski die Zukunft Europas und heißt #RefugeesWelcome. Der ehemalige Grafik-Designer bespaßt mit seiner Frühjarjskollektion 2017 nicht länger nur die überschaubare Kreativszene Warschaus, sondern möchte ein ganzes neues Europa erreichen.
Eurotic nennt sich selbst „Europas inoffizieller Souvenirladen“ und ist das Label der Londoner Fotografin Lea Colombo und dem Model Valter Törsleff. Die Designs können als Reaktion auf den Brexit verstanden werden, bis jetzt haben sie von Schals, Kapuzenpullis, Mützen und T-Shirts bis hin zu Fußmatten, Trinkflaschen und Brillenputztüchern Merchandise für bekennende EU-Fans gestaltet. Gelauncht wurde Eurotic im April im Londoner Soho House – mit einem ironischen Ansatz möchte Eurotic im Falle eines Zerfalls hinblicklich die EU als Andenken für zukünftige Generationen in Ehren konservieren.
Mit ihrem Kapuzenpulli EUnify zeigt sich die Berliner König Galerie Pro-Europa und gleichzeitig der Gefahr bewusst, in der sich das Bündnis seit jüngsten Entwicklungen befindet. Im Sternenkreis auf der Vorderseite des azurblauen Pullovers fehlt ein Stern, der auf dem Rücken auftaucht. Das spielt klar auf Brexit an, aber auch auf die Fragilität der europäischen Identität. Beim Launch des Europa-Souvenirs hissten unter anderem die Models Roman Ole und Valerie Mevegue die Flagge der EU, bei der herausgebrannte Sterne ebenfalls die instabile Gemeinschaft der Mitgliedsstaaten kritisierten. Der Launch fand zum sechzigsten Jubiläum der Unterzeichnung der Römischen Verträge statt. Das klare Ziel von König Souvenir ist es, die EU als Friedensgemeinschaft zu schützen und Menschen zu vereinen.
Für die vier Designer Aurélien Arbet, Jérémie Egry, José Lamali und Nicolas Poillot ist die Welt niemals zu groß, um sie an einem Ort zu halten. Sie wollen ihr Label nicht an eine Stadt binden und streuen ihre Designs quer über Metropolen, von Paris bis New York. Daher rührt auch die Inspiration zu weltweit relevanten Themen und so kam es zu den blauen Sweatshirts und Taschen mit den unverkennbaren zwölf Sternen der EU-Flagge. Études Studio haben durch die prekären Entwicklungen der letzen Monate darüber hinaus ein Statement für Zusammenhalt und Gesamtheit gestaltet.
Von High Fashion bis Low Budget: Der aus zwölf goldenen Sternen bestehende Kreis ist überall. Vetements druckt ihn für ihre Kollektion Fall/Winter 2017 auf einen Sweater, Agi & Sam setzen den EU-Print auf eine Jacke samt passendem Schal. Designer Philip Ellis reagiert mit Anti-Brexit-Fashion in Form von Abzeichen, Armbinden und Slogans und auch bei Amazon.com und anderen Onlineshops sind Ohrringe, T-Shirts und weiteres EU-Merch zu finden.
Fotos v.l.n.r. Agi & Sam, Philip Ellis, Vetements, Balenciaga
ABOUT – Dass die EU mehr Liebe, als Zweck ist finden auch Trisha Balster, Laura Binder, Carolin Henkelmann, Joeleen Nagy, Sarah Neven und Carlotta Schaffner, die derzeit ihren Abschluss in Mode- und Kulturjournalismus an der AMD Hamburg machen. Obwohl alle sechs mit der Demokratie und Einigkeit als Selbstverständlichkeit aufgewachsen sind, ist für sie politisches Engagement kein Fremdwort.