Oh boy

Ambisexuelle Mode ist das neue Unisex und vier weitere Konzepte junger Modemacher

Text Tim Heyduck
Fotos Stas KalashnikovJessica Mahaffey, Yulya Shadrinsky

 

Darkdron 2

Gio Forbice – Der Arbeiter

Gio Forbice ist Darkdron und seine Mode Next-Level-Workwear. Eigentlich entwirft er als Designer noch Schuhe für Forfex, aber seine erst zweite Kollektion sieht so aus, als würde er nebenbei in einem Fachgeschäft für Berufsbekleidung jobben. Overall, Hemd, Weste – jedes Teil scheint sich auf klassische Arbeitsbekleidung zu beziehen. Dass er für Darkdron unterschiedliche Workgear miteinander kombiniert, bedeutet nicht, dass man darin zum Handwerker-Multitalent wird. Man muss den Look eben nur glaubwürdig tragen. Die Website, das Logo und die Typo der Aufdrucke verweisen auf Forbices 90ies-Gamer-Vergangenheit. Das Wort MISERICORDIA, zu deutsch Barmherzigkeit, labelt Hoodies, T-Shirts und Westen.

 

Darkdron1

 

 

Alex Mullins 2

 

Alex Mullins – Der Progressive

Sich selbst auf T-Shirts oder Kissen zu verewigen, wäre ganz schön eitel und unsympathisch. Vermutlich printet Alex Mullins deshalb auch die Gesichter seiner Models auf die Teile seiner Kollektion, die so zu einer Art Second Screen wird. Neben Layout ist Layering Methode von Mullins. Geschichtete Baumwollstoffe und Komplettlooks aus dunklem Denim dominieren die Entwürfe. Seine Schnitte erzeugen den Eindruck, er hätte die Kleidung mit Photoshop verflüssigt. Seit dieser Saison designt der Brite auch für Frauen und ergänzt die bestehende Kollektion durch Tops, Kleider und High-Waist-Hosen. Mit dreiundzwanzig anderen Jungdesignern wurde er dieses Jahr für den LVMH-Preis nominiert.

 

Alex Mullins 1

 

Slinky 2

Ji Sub Lee – der Millenial

Stoff für den südkoreanischen Designer Ji Sub Lee und sein Label Slinky bietet die Generation Y. Sein Debüt zitiert Hip Hop und Skate-Kultur, heruntergebrochen auf Form und Schnitt. Geschlechtslose Looks für den Alltag, düsterer Streetstyle, Großstadtkluft der Digital Natives, die man mittlerweile auch als Digital Oldies bezeichnet. Wie bei Monsieur Forbice von Darkdron stellt auch Ji Sub Lee menschliche Wesenszüge in den Vordergrund. Ist der „Human“-Print auf Mänteln, T-Shirts und Hemden tatsächlich ein Aufruf zu mehr Menschlichkeit oder einfach nur Self-Labeling?

 

Slinky 1

 

 

Feng Chen Wang

 

Feng Chen Wang – Die Ambitionierte

Feng Chen Wangs Mode erinnert auf den ersten Blick an eine Bernhard-Wilhelm-Kollektion für Opening Ceremony. Die Absolventin des Londoner Royal College of Arts webt aber eine feministische Konnotation in ihre Entwürfe: „I Am Man“ steht groß auf ihren Schals, Windbreaker und andere Funktionswaren geschrieben. Die Looks sind Statements mit Statement: Nähte mit Stiftbesatz, Jeansparker oder Jogginghose – alles ist über Proportion und erinnert an Base-Jumper und Wingsuits. Mode für alle, die sich trauen abzuspringen und keine Angst haben (sich) abzuheben.

 

Feng Chen Wang 2

 

Ferrari Concept 3

 

Paige Horinek – Die Ambisexuelle

Paige Horinek ist Gründerin und Kreativ-Direktorin des Labels Ferrari Concept. Ihre Debütkollektion ist eine Art kuratiertes Vintage, alles könnte Altes, Ungetragenes sein oder eben nigelnagelneu. Die Grenzen von First Class und Second Hand sind fließend – Strick mit Stehkragen, Lederblazer, Shirts mit Army-Muster. (Auto-)Lack und Leder eines Ferrari bilden zwar klare Referenzen zur Kollektion, vor allem aber ist der Spirit der 1970er in den Teilen zu erkennen. Spannend ist die Idee von Ambi- statt Unisex-Mode. Bedeutet, einige Teile der Kollektionen sind keinem Geschlecht zugeordnet, andere wiederum klar auf den männlichen oder weiblichen Körper zugeschnitten.

 

ferrari concept 2

 

 

alle Kollektionen sind Herbst / Winter 2016

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