Social Siesta

Die Social-Media-Siesta ist die sanfte Alternative zum Social-Media-Suicide und kommt mir noch ein bisschen spanisch vor

Text und Photos Fabian Hart

Vor zwei Jahren wurde in Spanien die Siesta abgeschafft, aber am Wochenende hab ich dort mal nachgesehen: die machen mittags immer noch zu. Im gotischen Viertel zum Beispiel. Da lassen die Barcelonista um zwei die Rollos runter. Was sie in dieser Zeit tun? Vermutlich halten nur wenige Mittagsschlaf, was Siesta ja eigentlich bedeutet. Viele machen einfach nur Pause, aber die meisten halten wohl eher ihren Computer oder ein Smartphone.

So wie ich, später, zurück in Barceloneta am Stadtstrand, als mein iPhone unter 10 % Prozent Restakku litt und ich sein Aufladegerät im Hotel vergessen hatte. Da fiel mir die Siesta wieder ein.

Bemerkenswert, dass sich trotz klimatischer Wandel, beruflicher Gleitzeiten, digitalem Business und Vernetzung über Zeitzonen hinweg, eine lokal vereinbarte Ruhezeit über Jahrhunderte hält. Schlafforscher sagen, dass ein Post-Lunch-Nickerchen sogar leistungssteigernd wirke, aber soweit will ich echt nicht ausholen. Stellt euch vor, ich läge im Pressehaus Hamburg in meinem Büro zwischen 2 und 5 in einem Klappbett. Unmachbar. Was aber, wenn nicht ich drei Stunden schliefe, sondern das iPhone und sämtliche Social-Media-Aktivitäten? Dass Social Media, kurz SM, sadomasochistische Tendenzen bewirken, weiß ja wohl jeder. Der Plan steht also fest: ich werde auf unbestimmte Zeit weniger Sklave meiner eigenen Erreichbarkeit und Neugierde sein und meine Schwäche, mich nicht auf eine Sache konzentrieren zu können, nicht länger fördern, sondern trainieren. Drei Stunden am Tag werde ich keine Likes und Reaches kontrollieren, keine Insta-News checken und auch nicht Facebook, ich werde nicht tweeten und nicht whatsappen und auch Threema darf kein Thema, ich beantworte keine LinkedIn-Einladungen und Vine? Danke, nein.

Die Umschulung zur Social-Media-Siesta wird somit meine sanfte Alternative zum radikalen Social-Media-Suicide, den neuerdings so viele planen. So ganz raus aus allem kann ich mir nicht zumuten. Das käme mir dann doch ein bisschen zu spanisch vor.

TAGS

SHARING IS CARING

NOCH MEHR HART